Mittwoch, 6. September 2006

Minnesota State Fair

Jeder Fleck auf der Welt hat sein eigenes Volksfest - nehmen wir da das Oktoberfest, den Tag der Sachsen oder die Stadtfeste in Leipzig und Mittweida. Auch hier gibt es ein jaehrliches Ringelpietz mit Anfassen. Und wie es sich fuer Amerika gehoert, ist alles etwas groesser. Eine Visualisierung.

Schon das Logo der Minnesota State Fair spricht Baende: Essen und Tiere stehen im Mittelpunkt. In der Tat ist die Messe urspruenglich als Treff fuer Landwirte gedacht gewesen, inzwischen hat sich aber das Essen in den Vordergrund gedraengelt. Im Schnitt kommen rund 100.000 Besucher an jedem (!) der 10 Veranstaltungstage. Alles ist spitzenmaessig organisiert, sauber und sicher. Trotz der vielen Leute muss niemand anstehen. Das muss man den Machern lassen, die haben das Ding im Griff.
Alle Besucher werden staendig mit aeusserst aggressiver Werbung konfrontiert und so schnell zum hemmungslosen Konsum verfuehrt. Amerikaner haben die Werbung gross gemacht. Dieselben Amerikaner und alle Verwandten fallen allerdings auch immer wieder darauf rein und folgen scheinbar willenlos.
Wie gesagt, wir sind keine 5min auf der State Fair und schon hat uns Alexis vom Auslandsamt einen Teller Rippchen spendiert. Es ist ca. 11 Uhr vormittags.
Zur gleichen Zeit hat ihr Lebensabschnittsgefaehrte Simon einen Eimer frisch gebackene Kekse besorgt. Sie sind noch warm und machen suechtig. Ein Eimer dieser Groesse ist uebrigens die kleinste bestellbare Einheit von der suessen Martha.
Suesskram gibt es in allen Geschmacksvarianten - es sind eher die Rippchen, die eine Ausnahmeerscheinung auf der Messe darstellen. Denn entweder gibt's Speisen am Stock (on a stick) ...
... oder deep fried - fritiert.
Alles fritiert, wie in Holland, nur mehr. Die fritierten Kaese-Dinger sind ein Muss auf der State Fair, etwa so wie Kraebbelchen auf der Kleinmesse. Da wird auch mal schnell der Diaetplan umgestellt und "fry" gemacht. Haha.
Der pfiffige Amerikaner zaehlt 1 und 1 zusammen und bietet den doppelten Genuss: fritiert und am Stock.
Wen es wirklich interessiert: das Wuerstchen wird in eine Art Maisbrot eingewickelt, in siedendes Oel geditscht und schliesslich mit Senf betroepfelt. Aus der Naehe betrachtet, sehen Endprodukt und Durchschnittskonsument etwa so aus.
Ich habe diese lokale Spezialitaet nicht probiert. Meine Ekelgrenze sollte eine andere Herausforderung erfahren.
Richtig, Spaghetti Bolognese am Stock. Wer wie ich denkt, "das kann nicht sein, das gibt es nicht, wer macht denn sowas?!?", bekommt dieselbe Antwort: "Willkommen in Amerika."











Der Kotzekoch hat sich echt Muehe gegeben: Zur leckeren Tomatensauce gab's noch Parmesan. Moment, habe ich lecker gesagt? Es schmeckte fuerchterlich! Im Prinzip gibt es gar keinen Geschmack; hoechstens wenn Quietschpappe eine Geschmackssituation darstellt, dann schmeckt's danach. Ein netter Spass fuer $ 4, diese Halsabschneider.
Die Messe hat trotzdem sehr viel mehr zu bieten als nur Futter, z.B. die ganzen anderen Gaukler in ihren Losbuden.
Das System ist bemerkenswert: es gibt zentral mehrere TICKET-Schalter, an denen man gleich fuer ordentlich Geld Wertmarken kaufen kann und diese dann easy an den Buden gegen Spass eintauscht.
Waffen sind in den USA ja an der Tagesordnung, deshalb muss die klassische Schiessbude schon ein bisschen mehr bieten: statt 5 Schuss mit dem Luftgewehr gibt's 100 Schuss Maschinenpistole. Mit Zielen ist da nicht mehr viel; die Herausforderung besteht auch eher darin, die Zielscheibe aus Papier komplett und sauber zu vernichten.
Das wird es sicher auch bald in Deutschland geben, denn viele Stellen erinnern so unglaublich an die Heimat.
Ich bin mir nicht sicher, welches Bild die Amis von uns Deutschen haben und ob das EGON KAISER Bild vor oder nach der WM entstanden ist.
Diese Situation in der 14-Uhr-Parade scheint vielmehr eine Hommage des Berlins der spaeten 30er Jahre zu sein - transferiert in die Gegenwart durch Ronald McDonald als Symbol des Kapitalismus. Sagenhaft.
Weitere deutsche Elemente widmen sich verstaerkt der Braukunst.
Deutsches Bier geht hier grundsaetzlich gut. So gut, dass immer wieder Faelle von Ambush Marketing auftreten.
Root Beer hat -wie bereits am 25.07.06 berichtet- absolut nichts mit deutschem Bier zu tun und entsprechend gibt es da auch keinen GERMAN STYLE. Maximal einen barbarischen. Wer allerdings solche Mengen an Chips mit Saettigungsbeilage verdrueckt, saeuft wahrscheinlich alles, auch 3 Wochen altes Aquariumwasser.
Damit sind wir zum Schluss wieder beim Essen gelandet. Laesst sich auf der Minnesota State Fair nicht vermeiden. Auch wer denkt, es koennte nicht mehr schlimmer kommen, Moment: Zur Kroenung gibt es die beiden Varianten "Saure Gurke" - als Scheibe fritiert oder im ganzen Stueck am Stock. Guten Appetit.

2 Comments:

Blogger chrwil said...

"Soviel Spaß für wenig Geld", haha.

Spätestens jetzt sollte klar sein, warum die Druchschnittskonsumenten so aussehen wie sie aussehen und warum der eine oder andere Amerikaner eine gewisse Vorliebe für Feuerwaffen besitzt.

Hoffe, Du findest trotzdem etwas, um Dich ohne dauerhafte Schäden zu ernähren. Anderenfalls solltest halt ordentlich Sport treiben, wie z.B. vor bewaffneten Einheimischen wegrennen.

Grüße
Egon Kaiser

7.9.06  
Anonymous Anonym said...

Hmm. Also ich hab mir das erste Bild (das mit den Menschenmassen) mal genauer angeschaut. Da ist ja weit und breit kein einziger normalgewichtiger Mensch zu sehen! Halt - das ist natürlich übertrieben - ein paar von den Kindern sehen normal aus. Ist ja auch klar - schließlich haben die noch nicht so viel Zeit gehabt zum Essen. Krasse Sache. Also wenn das im Lexikon neben "Jahrestreffen der Weight Watchers" stünde - ich würde mich nicht drüber wundern.

PS: Irgendwas ist hier schief gegangen, mein Kommentar erschien unter einem älteren Post. Deshalb hier noch mal.

7.9.06  

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