Sonntag, 22. Oktober 2006

Der große Bierreport

Nach vielen Leserbriefen zum Thema "Yuengling Bier" möchte ich die Antwort nicht länger schuldig bleiben: "Yuengling" bezieht sich auf das Deutsche "Jüngling" und wird im US-amerikanischen Verbreitungsgebiet "Ying-Ling" ausgesprochen. Bemerkenswert - neben den Dickeschiffen "Anheuser Bush" und "Miller" haben fast alle US-Brauereien deutsche Wurzeln oder zumindest deutsche Brautechnik. Und auch für das jahrelange Alkoholverbot, genannt Prohibition, zeichnet Deutschland Mitverantwortung.

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert stand es auf der US-Tagesordnung, sich in der Kneipe volllaufen zu lassen und dann zu Hause die Frau zu schlagen. Darum und aus religiösen Gründen gewann die Prohibitionsbewegung an Fahrt. Aber erst im Zuge der Anti-Deutschland-Stimmung nach dem 1. Weltkrieg erweiterte der Amerikanische Kongress die Verfassung mit dem Verbot, alkoholische Getränke herzustellen, zu verkaufen und zu transportieren. Von 1920 bis 1933 war die USA weitestgehend trocken und verhalf solchen Lichtgestalten wie Al Capone zu Weltruhm.
Dem Willen der meisten Amerikaner wurde 1933 dann wieder Recht gegeben und die 18. Verfassungsreform wieder zurückgenommen. Plötzlich konnte wieder nach Herzens Lust gebechert werden.

Die Geschichte erklärt also den gewöhnungsbedürftigen Biergeschmack der Amerikaner - wer lange entbehren mußte, nimmt dann was er kriegt; genauso wie viele Ostdeutsche auf dem Gebrauchtwagenmarkt in den frühen 90er Jahren. Wir Ossis wissen natürlich inzwischen wie der Hase läuft. Auch haben einige Amis gemerkt, dass mit ihrem Bier etwas nicht stimmt, nachdem sie deutsches, tschechisches und englisches Bier getrunken haben.
Ein Blick auf die Summit-Bierpalette zeigt, dass der deutsche Einfluß nicht abgestritten werden kann.

Summit ist der lokale Bierversorger Nummer 1 in den TwinCities (Minneapolis & St. Paul). Während die meisten deutschen Brauereien auf mehrere Jahrhunderte ruhmreiche Geschichte zurückblicken können, floß das erste Summit 1986 durch die Kehlen durstiger Minnesotans. Doch auch ohne große Historie überzeugt das Motto der Brauer: "Hoffentlich mögt ihr unser Bier genauso wie wir selbst."

Noch immer es ist relativ schwer, eine Braulizenz zu erhalten. Dafür bemüht sich Amerika, jedem das Seine zu bieten. Und so haben im Moment eigene Brausets Konjunktur. Denis, der Gastwirt für meine erste Woche in Minneapolis, hat sich vor etwa 2 Monaten für 120 Dollar eine ordentliche Ausrüstung gekauft. Die ersten 50 Liter aus eigener Produktion wurden wie ein Schatz in ganz kleinen Portionchen zum Kosten verteilt. Nicht übel, aber halt auch kein Reinheitsgebot.
Letztendlich soll es aber beim Bierkonsum nicht nur um´s Trinken sondern um´s Gesellige gehen. Und es macht schon Spaß, den Amis die korrekte, hochdeutsche Aussprache des Wortes "Hefeweizen" beizubringen.

Ausdrücklicher Dank an Matze für die Yuengling-Recherche.

1 Comments:

Blogger chrwil said...

Wie immer sehr amüsant und lehrreich geschrieben.

Wie der durchschnittliche US-Amerikaner nach dem Konsum von echtem Bier in Deutschland reagiert, durfte ich am Rande des WM-Spiels Ghana gegen die USA erleben. Das hat einige der Herrschaften sichtlich überfordert.

Demnach müsstest Du im Ernstfall jeden der Eingeborenen unter den Tisch trinken können...

23.10.06  

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