Montag, 28. Mai 2007

Feiertage in Amerika

Feiertage -so wie wir Deutschen sie kennen- sind in den Vereinigten Staaten ein seltenes Gut, denn wirklich frei hat die arbeitende Bevölkerung nur 2x im Jahr: am 1. Weihnachtsfeiertag und zu Thanksgiving im November. Dafür gibt es über ein Dutzend Tage, die einen "Quasi-Feiertagsstatus" haben.

Im Gegensatz zu Deutschland beruhen US-Feiertage kaum auf kirchlicher Tradition, sondern eher auf der Landesgeschichte zum Gedenken an Personen und Ereignisse. Ostern wird hierzulande ähnlich kitschig gefeiert wie der Valentinstag; Christi Himmelfahrt oder Pfingsten finden nur innerhalb der Kirche statt. Frei gibt´s da nicht.
Die USA bedient sich lieber ihrer jungen Geschichte, um wirkliche Gründe zum Feiern oder zum Trauern zu haben: Martin Luther King Day, President´s Day, Memorial Day, Independence Day, Labor Day und Columbus Day sind die bekanntesten. Der Vorteil liegt im variablen Datum - alle genannten Tage werden bis auf den Unabhängigkeitstag auf einen Montag gelegt. Eigentlich unglaublich clever, obwohl ja wiederum nicht alle pauschal frei haben. Wie gewonnen, so zerronnen.

Memorial Day ist beispielsweise immer am letzten Montag im Mai. Der jeweilige Bundesstaat entscheidet, ob die Angestellten im öffentlichen Dienst ruhen dürfen oder nicht. Genauso hat die private Wirtschaft das Recht, über die Öffnungszeiten selbst zu entscheiden. In Minnesota hatten zum heutigen Gedenktag an alle im Krieg Gefallenen Amerikaner nur die Läden offen, die auch am Wochenende geöffnet sind. Also Einkaufen ging überall und wurde ordentlich getan.

Wenn es um ihre Truppen geht, da lassen die Amis keine Luft dran. Als ich letzte Woche von Philadelphia zurück nach Minneapolis geflogen bin, saßen im Flugzeug 3 Soldaten, die aus dem Irak zurückkehrten. Der Flugzeugkapitän hat extra für sie eine kurze Ansprache gehalten und fast alle Insassen haben den Kriegern Applaus gezollt.
Die Situation erinnerte mich an einen Werbespot von Joe Pytka, einem ganz großen der Werbefilmszene. Hier das ganze zum Nachempfinden:

Donnerstag, 24. Mai 2007

Scavenger Hunt

Scavenger Hunt bedeutet Schnitzeljagd. In Amerika ist dieses Ferienlagerspiel selbstverständlich völlig kommerzialisiert und wird von professionellen Kräften für viel Geld organisiert. Aber manchmal besinnt sich jemand und trommelt zu einer tollen Rallye aus Spaß an der Freude (und am Fahrrad).

Okay, das Rennen war nicht ganz aus Jux, sondern hatte einen ernsten Hintergrund: die $5 Startgebühr wanderten in einen Spendentopf, um die Arztrechnung eines verletzten Radfahrers zu begleichen. Darum war es auch eine Radjagd und fast alle der ca. 70 Starter hatten Helme auf.

Der Sinn der Schnitzeljagd ist nicht, als Erster ins Ziel zu kommen, vielmehr müssen während der Rennzeit Rätsel gelöst, Fragen beantwortet, Texte übersetzt und Fotos geschossen werden. Am Ende entscheidet ein Punktsystem über das Gesamtclassement.

Die Teams bestanden aus 4 bis 6 Leuten, die mit einem sogenannten Manifest ausgestattet, max. 3 Stunden auf Tour sind. Mein Team war ein Haufen von Künstlern, die irgendwas mit meiner Schule zu tun haben/hatten. Hier posieren wir gerade für das Gruppenbild vor dem POP Café, das uns 10 Punkte einbringen wird.

Bei einem Großteil der Aufgaben handelt es sich um Orte oder Dinge, die gefunden werden müssen. Selten ist die exakte Adresse angegeben und es ist gar nicht leicht, den Überblick zu behalten, was alles gemacht werden muss.
Ansonsten sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: u.a. sollte ein Foto mit `Roadkill` (= Kadaver am Straßenrand) geschossen werden. Wir werden keine Punkte für unser Bild bekommen, weil Adam noch Handschuhe trägt. Scheiße.


Anschließend haben wir das tote Vieh weit weggeworfen, damit es alle anderen ja recht schwer haben.

Es überrascht sicherlich nicht, dass einige Kneipen auf dem Weg ins Spiel integriert sind. Die Aufgaben gingen dabei von einer Schnaps- verkostung mit Sorte erraten
über eine Bierlieferung bis hin zur Jukebox: Wir sollten eine Geschichte schreiben, was passiert, wenn Lied 32 auf Lied 45 trifft. Ich glaube, es war ´American Woman´ von Lenny Kravitz gegen irgendwas von Stevie Wonder.

Schlussendlich treffen sich alle in einer Art Gartensparte und hydrieren kräftig.

Mein Team hat es leider nur auf Platz 13 geschafft, was uns trotzdem 2 Pitcher Bier eingebrachte. Obwohl es bei einer Schnitzeljagd um mehr als nur gewinnen geht: Werte wie Teamgeist und Führungsqualitäten entwickeln sich wie von selbst. Es macht riesig Spaß und gipfelt am Ende in einer spitzen Party. Zum Nachmachen empfohlen.

Dienstag, 15. Mai 2007

Meister der Herzen

Werbung ist prinzipiell zu 95% Geldverschwendung und sinnloser Mist. Um die restlichen 5% der gelungenen Werbung hervorzuheben, gibt es zahllose Preise und Veranstaltungen, bei denen sich die Branche selbst feiert. Ein gutes Beispiel ist der `One Club` in New York, der sogar etwas für Studenten übrig hat.

Der `One Club` prämiert im Rahmen der `One Show` jährlich kreative und treffende Spitzenleistungen der Werbetrei- benden in den verschiedensten Bereichen von reinem Design über Print und TV bis zu Interactive. Alle Kategorien gelten für Profis und Studenten aus aller Welt.
Meine Hochschule giert nach Prestige und hat die Teilnahme an diesem Wettbewerb für alle Werbe-Lehrlinge zur Pflicht erklärt. Die schulinterne Qualifikation haben 8 Arbeiten bestanden, von denen es keine einzige ins Finale nach New York geschafft hat. Aber um die Talente nicht total zu desillusionieren, wurde der `One Show Client Pitch` ins Leben gerufen: Studenten haben die Möglichkeit, ihre Ideen zu präsentieren und sind dadurch nicht nur von ignoranten Juroren abhängig, die im Vorbeigehen den Sieger auswerfen.

Auftraggeber für den Studentenwettbewerb war in diesem Jahr die Umweltschutzorganisation NRDC - Natural Resources Defense Council. Mein Kühlschrank-Werbespot und 11 weitere Ansätze, wie die Erde zu retten sei, schafften es in die Endrunde.

Mein Team -bestehend aus Noah (Texter, links), Taylor (Designer, rechts) und mir (Art Director, nicht im Bild)- bereitete sich fast 3 Wochen auf den 15minütigen Vortrag vor und wir entwickelten Ideen von weltklasse Format. Beispielsweise erklärten wir, wie die Finanzierung für eine massenhafte Fernseh-Bombardierung gestemmt werden kann, indem diverse Partnerschaften und Product-Placements integriert werden. Oder wie der Spot variiert und so das Sehvergnügen gesteigert werden kann: jedes Mal öffnet eine andere Person vom Basketballer Shaq bis hin zum Krümelmoster den Kühlschrank.

Am Ende kam es so, wie es gewöhnlich Schalke trifft: die Konkurrenz spendet viel Lob, aber den Pokal (und das Preisgeld) holen andere. In unserem Fall die Lokalpatrioten, die nicht zu unrecht gewonnen haben.
Egal, wir haben dafür von unserer Schule eine Reise nach New York finanziert bekommen, zumindest 70% der Kosten für Flug und Hotel. Dazu noch eine Einladung in ein vortreffliches Steakhaus, aus dem ich meine persönliche Trophäe mitgenommen haben: Eine $5 Steaksauce, vielleicht die beste der Welt. Es hat sich gelohnt.

Donnerstag, 3. Mai 2007

Der Winter in Minnesota II

Die zweite und letzte Serie der Retrospektive Winter widmet sich dem besten Freund vieler Amerikaner: dem Automobil.

Die Einheimischen sagen, in Minnesota gibt es nur 2 Jahreszeiten: Winter und Straßenbau. Die 7 Monate Kälte hinterlassen überall Schlaglöcher, dass sie sogar so berühmte Straßen wie die Rochlitzer in Mittweida oder die Anfahrt zum Alfred-Kunze-Sportpark in Leipzig-Leutzsch übertreffen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum hier geschätzte 40% der Fahrzeuge zur Gruppe der SUVs gehören - Sport Utility Vehicles, die -wie im Bild links zu sehen- gewöhnlich höhergelegt sind, Allrad-Antrieb haben und einen Verbrauch von 20 Miles per Gallon aufweisen (umgerechnet 12 l auf 100 km).
Bestimmt die Hälfte aller Autos verbraucht aber deutlich mehr, weil es ungeheuer alte Schrott- kisten sind. Kaum zu glauben aber wahr.
Ein regelmäßigen TÜV wie in Deutschland gibt es hier nicht. Einmal zugelassen darf es rollen bis selbst das stärkste Klebeband die Einzelteile nicht mehr zusammenhalten kann.
Rost ist in meiner Gegend ein echtes Problem, weil der Winterdienst hier seine Sache sehr ernst nimmt und die Straßen von Oktober bis April regelrecht in Salzwüsten verwandelt. Ich mußte es am eigenen Fahrrad erleben, wie mir Kette, Kränze und Schrauben unter den Füßen wegrosten.