Mittwoch, 28. März 2007

Die graue Stadt Salt Lake City

Dass Salt Lake City 2002 die olympischen Winterspiele ausrichten durfte, ist mir nach meinem kurzen Besuch ein Rätsel. Die Stadt erinnerte sehr ans anhaltinische Tangermünde um 2003: künstlich aufgepeppt, viele graue, unschöne Ecken und fehlendes Kapital. Aber zum Skifahren ist´s gut.

Die Hauptstadt der Mormonen liegt mitten in den Rocky Mountains, 1.320m über dem Meeresspiegel. Allein diese geografischen Tatsachen wecken Vergleiche mit blühenden Schönheiten wie Genf oder Salzburg. Pustekuchen, denn mit natürlicher Vegetation kann die Stadt nicht wuchern. Aufgrund der Lage fallen jährlich nur 419mm Niederschlag (zum Vergleich: Leipzig 512mm), das meiste im Frühling, dann sieht es wohl toll aus - für 6,5 Wochen.
Ich habe SLC nun allerdings im Winter besucht und konstatiere, das mit Abstand Schönste ist der Blick auf die umliegenden schneebedeckten Berge.

Gleich mehrere 3.000er stemmen sich in der Gegend empor und garantieren feinstes Skivergnügen. Achtung Wintersportfreunde! Natürlich gibt es auch hier kleine Unterschiede gegenüber dem alten Europa.

1.) Die Skigebiete haben meist weniger Lifte aber deutlich mehr Abfahrten als ihre Pendants in den Alpen.

2.) In den USA ist es gestattet im Wald zwischen den gebügelten Pisten zu fahren; ja, es wird geradezu auf wilde Abfahrten und Abentuer hingewiesen. Außerdem sind Streckenmarkierungen Mangelware.

3.) Die Sessellifte sind deutlich älter und haben keinen Sicherheitsbügel. Sie haben gar keine Bügel. Nicht einmal eine Abstellmöglichkeit für Ski oder Snowboard.

4.) Manche Skigebiete sind für Snowboarder gesperrt.

5.) Liftpässe mit KeyCard sind selten, in Utah wird noch persönlich kontrolliert.

6.) Après-Ski wird hierzulande eher dezent betrieben.

Bleibt die Frage nach dem Schnee? Ist er wirklich anders? Pulvriger? Ich kann es nicht beantworten. Als ich in SLC ankam, zeigte das Thermometer im Tal gut 15°C. Auf den Bergen taute es tagsüber kräftig und überfror in der Nacht. Keine Spur von jungfräulichem Neuschnee - der sagenhafte Schnee in den Rocky Mountains bleibt ein Mythos.

Mittwoch, 21. März 2007

Dichtung und Wahrheit

Die groß angekündigte St. Patrick´s Day Parade war ähnlich attraktiv wie ein Oberligaspiel des FC Sachsen; mit anderen Worten: wieder einmal der Beweis, dass in den USA vieles nicht so toll ist, wie man denkt. Aber ist die Lage auch beschissen, man muss sich nur zu helfen wissen.

In Amerika stehen Paraden ganz oben auf der Tagesordnung einer Gemeinde. Angefangen vom Weihnachtsumzug (vielerorts genannt Holidazzle) über die Thanksgiving Parade und den Umzügen zum Unabhängigkeits- tag am 4. Juli bis hin zum St. Patrick´s Day. Da ist es natürlich schwer, immer wieder das Niveau zu übertreffen.
Besonders wenn am St. Patrick´s Day prinzipiell nur die Iren auf der Straße marschieren und winken. In Minneapolis hatte ich eher den Eindruck, die Schotten haben die Show organi- siert, so sparsam und unaufvöllig war der ganze Spaß. Selbst die Kamelle, die den Wartenden am Straßenrand als Belohnung für ihr Kommen zugeworfen wurde, war oll.
Die einzige originelle Idee hatte der FREE HUGS Anbieter; er verteilte gratis Umarmungen.

Auch wenn ich ihn nicht umarmt habe, dieser Pioniergeist hat mich berührt. So wie er wollte ich helfen, den St. Patrick`s Day besser und schöner zu machen, darum habe ich meine ganze (kaum 10 Tage alte) Wildwest-Erfahrung in die Tat umgesetzt.
Als singender Cowboy habe ich für den Weltfrieden gesungen, für mehr Kindergartenplätze und begrenzte Kapitalmacht. Ein PDS Politiker hat zum Dank dieses Foto von mir geschossen, ich wollte aber nicht mit ihm zusammen drauf.
Das Bild ist ein bisschen dunkel, wahrscheinlich wurde seine Polaroid Kamera noch um die Berliner Mauer geschmuggelt, aber das spielt ja keine Rolle. Wer genau hinsieht, entdeckt auf jeden Fall meine Skibräune von nur 1 Tag Höhensonne in Utah. Mehr dazu später...

Freitag, 16. März 2007

St. Patrick´s Day

Karneval findet in den USA nur in den sonnigen Südstaaten in der Region New Orleans statt. Dafür hat sich ein anderes Fest etabliert, an dem die Leute in schrillen Kostümen durch die Straßen ziehen und fröhlich sind.

Jährlich am 17. März feiern Iren, und alle die auch nur einen Hauch irisches Blut in sich fühlen, den St. Patrick's Day. Dabei machen große Paraden und vielfältige laute Aktivitäten diesen Gedenktag zu Ehren des irischen Nationalheiligen St. Patrick zu einem bunten Volksfest. Die weltweit größten Umzüge außerhalb Dublins finden in New York, Boston, New Orleans und Chicago statt, wo zuletzt sogar der Chicago River in irischem Grün erstrahlte.
Selbst im unbedeutenden Minneapolis organisiert seit 1969 die Minneapolis St. Patrick´s Day Association (M.S.P.D.A.) die jährliche Feier und den Marsch zwischen einzelnen Kneipen.

Wie in Köln oder Düsseldorf schießen viele über das Ziel hinaus und der Tag wird zum angekündigten Besäufnis. Diese Tatsache überrascht, weil das offizielle Amerika dem öffentlichen Konsum von Alkohol grundsätzlich kritisch sieht. Bier auf offener Straße ist verboten; selbst wenn der Beifahrer mit einer offenen Hülse erwischt wird, droht dem Fahrer Führerscheinentzug. Am 17. März scheint die Obrigkeit zumindest außerhalb der Kfz ein Auge zuzudrücken und sich mit dem gesellschaftlichen Treiben abzufinden, es sogar in geordnete Bahnen zu lenken - der öffentliche Personennahverkehr verkehrt an diesem Tag gratis.

Ich habe den grünen Pullover schon zurechtgelegt, eine Flasche Pfeffi besorgt und harre der Dinge die da kommen... (wird fortgesetzt)

Freitag, 2. März 2007

Die Schnee-Überraschung

Als die Einheimischen im Sommer den Winter in Minnesota beschrieben haben, klang es wie eine Schauergeschichte: 5 Monate Alptraum aus Schnee, Kälte und Wind. Bisher hatten wir 1 Monat Kälte und seit der letzten Woche auch endlich mal richtig Schnee. So viel, dass letzten Donnerstag und Freitag öffentliche Einrichtungen geschlossen hatten.

Zum ersten Mal seit 10 Jahren haben die Universität von Minnesota, die Stadt und die meisten Büros aufgrund der Wetterlage einfach den Betrieb eingestellt. Binnen einer Woche hat es gut 40 cm Schnee gegeben; ein lokaler Rekordwert im Verhältnis Menge zur Zeitspanne.
Nun ist es ja so, dass die Leute hier auf dieses Wetter vorbereitet sind. Jeder Vierte hat seine eigene Schneefräse und in Downtown kommt auf jedes Bürogebäude ein Radlader, der den Schnee von der Einfahrt schaufelt. Für mich ein Traumberuf, dem ich aber im Moment leider nur traurig hinterher blicken kann.

Für alle, die in diesem Winter nicht so viel Schnee gesehen und gespürt haben, hier einige Impressionen:

Das Schneeschippen wird zur Farce, wenn alle 12 Stunden die schwere Arbeit vernichtet ist und es so aussieht, als hätte nie jemand geräumt.

Auch das Radfahren mußte nach der ersten großen Husche eingestellt werden und seitdem stehen die Räder im Keller. Ich hatte im Dezember mal überlegt, mir Langlaufski zu besorgen, um damit in die Schule zu skaten, aber es denn doch sein gelassen, weil der Winterdienst hier vorzügliche Arbeit leistet. Jetzt könnte ich die Dinger gut gebrauchen, denn die Nebenstraßen werden nur grob vom Schnee befreit.

Aus o.g. Gründen fahren wir jetzt verstärkt mit dem Bus, was eigentlich recht gut klappt. Der öffentliche Personennahverkehr ist viel besser als sein Ruf - nur die Wartebereiche werden nicht immer gleich beräumt.

Das Schönste am Schnee ist jedoch die allgemeine Helligkeit in der Nacht, bei der man durch den Schnee stapft. Dieses Bild ist letzten Sonntag auf dem Weg zur Oskar-Verleihung entstanden. Nein, wir waren nicht in Los Angeles, nur bei Freunden aus meiner Schule - natürlich mit dem richtigen Marschgepäck.